Zweifel ade: die richtige Verwendung des Infinitivs mit „zu“
- Stefanie Eisl
- 5. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Heißt es „da zu sein“ oder „dazusein“, „wegzulaufen“ oder „weg zu laufen?, „mitzukommen“ oder „mit zu kommen“? Und das Ganze getrennt oder zusammen? Mit Komma oder ohne? Des Rätsels Lösung findest du in diesem Blogartikel mit Grammatikschwerpunkt. Los geht’s!


Falls du dich fragst, was eine Infinitivgruppe oder Infinitivkonstruktion ist, hier eine kurze Einleitung bzw. Auffrischung:
Was ist eine Infinitivgruppe?
Infinitivgruppen sind Wortgruppen, in denen der Infinitiv (= Grundform des Verbs) mit einem „zu“ ergänzt wird.
Beispiele
zu bleiben
zu erleben
zu gehen
Wann wird ein Infinitiv mit „zu“ verwendet?
Den Infinitiv mit „zu“ verwendet man im Deutschen häufig, wenn zwei Verben aufeinander folgen.
Im Allgemeinen wird der Infinitiv mit „zu“ verwendet, wenn sich das Verb aus dem Hauptsatz auf die Handlung des Nebensatzes bezieht.(1)
Beispiele
Wir sind gekommen, um zu bleiben.
Ich versuche, das Tor zu treffen.
Klingt komisch und ist falsch: Ich versuche, das Tor treffen.
Am Ende des Artikels verlinke ich dir eine Liste mit Wörtern, die den Infinitiv mit „zu“ einleiten.
Kommen wir nun zur Schreibweise.
Getrennt- oder Zusammenschreibung beim Infinitiv mit „zu“
Die korrekte Schreibweise bei einem Infinitiv mit „zu“ ist ganz einfach:
„Wird die Grundform eines trennbaren Verbs zusammengeschrieben, muss grundsätzlich auch die Erweiterung mit zu so behandelt werden."(2)
Beispiele
weglaufen:
Es hat keinen Sinn, vor allem und jedem wegzulaufen.
zuhören:
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als stumm zuzuhören.
zusammenarbeiten:
Es wäre das Beste, jetzt erst mal zusammenzuarbeiten.
„Wird die zugrunde liegende Verbverbindung getrennt geschrieben, so ist die Erweiterung mit zu in drei Wörtern zu schreiben."(2)
Beispiele
da sein:
Pünktlich da zu sein[,] ist oberstes Gebot.
Rücksicht nehmen:
Es stünde dir gut, ausnahmsweise mal Rücksicht zu nehmen.
Haare kämmen:
Sie macht sich daran, ihre Haare zu kämmen.
Auto fahren:
Sie lieben es, Auto zu fahren.
wandern gehen:
Ein bewölkter Tag ist gut, um wandern zu gehen.
Verben mit „sein“
Verben mit „sein“(3) werden getrennt geschrieben:
frei sein:
Sein größter Wunsch war es, frei zu sein.
dankbar sein:
Sie ist gelehrt worden, dankbar zu sein.
schlecht gelaunt sein:
Du scheinst heute schlecht gelaunt zu sein.
zu (geschlossen) sein:
Der Aktenschrank muss zu gewesen sein.
dabei sein:
Nicht dabei zu sein[,] machte ihr nichts aus.
Nachdem du nun weißt, wann ein Infinitiv mit „zu“ zusammen- und wann getrennt geschrieben wird, lass uns einen Blick auf die Kommasetzung werfen.
Komma bei Infinitivkonstruktionen
Kurz und bündig: Meistens wird ein Komma gesetzt, aber es gibt auch Infinitivgruppen ohne Komma.
Lass uns mit der Infinitivgruppe mit Komma starten:
Infinitivgruppe mit Komma
Eine Infinitivgruppe ist grammatisch gesehen kein echter Nebensatz, weil sie kein gebeugtes (konjugiertes) Verb enthält.
Ein Nebensatz hat immer ein gebeugtes Verb am Ende (Beispiel: …, weil er müde ist), während eine Infinitivgruppe nur den Infinitiv enthält (Beispiel: …, um zu schlafen).
Da die Infinitivgruppe aber eine satzähnliche Rolle hat, behandelt man sie in der Zeichensetzung wie einen Nebensatz.
Die Dudenregel dazu lautet:
„Eine satzwertige Infinitivgruppe wird vom übergeordneten Satz durch ein Komma getrennt."(4)
Und weiter:
„Dabei ist es völlig egal, wovon sie abhängt – ob von einem Substantiv, einem Adjektiv, einem Verb oder einem Pronominaladverb. In allen folgenden Beispielen muss nun ein Komma gesetzt werden."(4)
Beispiele
Es macht Spaß, im Herbst mit Kastanien zu basteln.
Das Eichhörnchen wird nicht müde, Haselnüsse zu sammeln.
Das Tier bemüht sich, möglichst gute Verstecke dafür zu finden.
Ich erfreue mich daran, den kleinen Kerl zu beobachten.
Ist die Infinitivgruppe in den übergeordneten Satz eingeschoben, werden zwei Kommas gesetzt:
Doch als die Katze sich anschickt, den Nager zu jagen, mache ich mir Sorgen.
Ein Komma wird auch gesetzt, wenn die Infinitivgruppe dem übergeordneten Satz vorausgeht:
Das Eichhörnchen zu erwischen, gelang der Katze nicht.
Im §73 E1 Amtliches Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (2024) heißt es:
„Bei infiniten Nebensätzen, auch als satzwertige Infinitivgruppen bezeichnet, steht das Verb im zu-Infinitiv. Finite und infinite Nebensätze kommen mit oder ohne einleitenden Ausdruck vor, sie werden in beiden Fällen mit dem Komma abgegrenzt."
Diese Regel wurde vom Rechtschreibrat beschlossen und tritt ab Herbst 2025 in Kraft.(8)
Was ändert sich im Vergleich zu früher?
Es wird bei Infinitivgruppen nicht mehr zwischen einem erweiterten und einem nichterweiterten Infinitiv unterschieden, es gilt ausschließlich die oben genannte Regel.
Ein Komma muss also nach wie vor gesetzt werden, wenn
eine Infinitivgruppe durch um, ohne, statt, anstatt, außer oder als eingeleitet wird,
die Infinitivgruppe von einem Substantiv abhängt (Sie kamen in die Stadt mit dem Ziel, ins Theater zu gehen.),
die Infinitivgruppe von einem Korrelat (es) oder einem Verweiswort (dazu, daran, dabei, darin) abhängt. (Sie liebten es, in der Stadt ins Theater zu gehen. Er ermunterte sie dazu, ins Theater zu gehen.) (6)
Neu dazugekommen ist, dass auch dann ein Komma gesetzt werden muss, wenn
die Infinitivgruppe von einem Adjektiv oder Partizip abhängt (Sie sind entschlossen, ins Theater zu gehen. Sie sind bereit, ins Theater zu gehen.) oder
5. die Infinitivgruppe von einem Verb abhängt (Sie planen, ins Theater zu gehen).(6)
Zusammenfassend kann man festhalten, dass alle Sätze, die einem Nebensatz entsprechen, bei Infinitivkonstruktionen mit „zu“ mit einem Komma getrennt werden müssen.
Nimm dir (falls nötig) etwas Zeit, um die Beispiele noch einmal durchzugehen, dann wird es sicherlich bald klarer!
Bist du bereit, noch eins draufzusetzen?
Wenn du soweit bist, geht’s weiter!
Infinitivgruppe ohne Komma
Wenn keine Erweiterung im Sinne eines Nebensatzes vorliegt, also nur der Infinitiv mit „zu“ verwendet wird, kann das Komma entfallen.(7)
Beispiele
Er bat sie[,] mitzukommen.
Der Bitte[,] mitzukommen[,] entsprach sie gern.
„Es darf auch dann kein Komma gesetzt werden, wenn der Infinitiv und der übergeordnete Satz nicht klar voneinander zu trennen sind."(7)
Beispiele
Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen.
Ich habe dich zu erreichen versucht.
Kein Komma bei mehrteiligen Prädikaten
Ist die Infinitivgruppe nicht satzwertig und bildet sie ein mehrteiliges Prädikat, darf kein Komma gesetzt werden.(6)
Dies gilt für folgende auslösende Verben:
brauchen
drohen
haben
pflegen
scheinen
sein
versprechen
wissen
Beispiele
Dies verspricht ein schöner Tag zu werden.
Alles andere hat dich nicht zu interessieren.
Ich pflege über die nicht beeinflussbaren Dinge nicht nachzudenken.
Interessant ist, dass es einige Verben gibt, bei denen nicht eindeutig ist, ob der von ihnen abhängige Infinitiv satzwertig ist oder nicht. In diesen Fällen kann ein Komma stehen – muss es aber nicht. Das gilt für folgende Verben:
beabsichtigen
erlauben
gestatten
probieren
versprechen
versuchen
wagen
Beispiele
Die Eltern erlaubten dem 15-Jährigen nicht[,] ein Bier zu trinken.
Aber sie gestatteten ihm[,] ein alkoholfreies Bier zu bestellen.
Er versuchte[,] es in einem Zug auszutrinken.
Ich probiere[,] morgen pünktlich zu sein.(7)
Wenn du es bis hierher geschafft hast, Gratulation!
Wie angekündigt findest du hier eine Liste mit einleitenden Verben, Nomen, Adjektiven und Partizipien. (Verlinkungen ohne Gewähr auf Aktualität oder Veränderungen)
Ich hoffe, du hast vor, viel zu schreiben! Viel Erfolg dabei!
Und wie immer gilt – vier Augen sehen mehr als zwei, daher lass deine Texte, bevor du sie veröffentlichst oder an einer wichtigen Stelle einreichst, immer von einer zweiten Person Korrektur lesen!
PS —> Ich übernehme das gerne für dich :-)
Quellen:
3 Beispiele aus dem Duden: Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (8. Auflage, 2016)
Verlinkung im Text zu: https://mein-deutschbuch.de/infinitivsaetze.html
Bilder: erstellt mit ChatGPT 4o
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